Noch nie war die Lebenserwartung so hoch und unsere Existenz so gut abgesichert wie heute; weshalb nur beschäftigen uns so viele Ängste und – damit verbunden – der Wunsch nach mehr Sicherheit? Mir scheint da die Aussen- und Innenwelt dafür verantwortlich. Mit der Aussenwelt meine ich u.a. die Medien, welche den Eindruck erwecken, dass wir permanent bedroht sind: Killersprossen, Immigrantenströme, Terrorattacken, Atomunfälle, Vogel- und Schweinegrippe, Finanz- und Eurokrise, etc. Politiker und gewisse Wirtschaftzweige zeigen gerne Gefahren auf, gegen die sie dann vermeintlich vorgehen können.
Früher waren die Ängste einfacher: wir fürchteten uns vor Blitz und Donner sowie gefährlichen Tieren. Heute müssen wir Angst vor uns selber haben. Der Psychologe und Risikoforscher Gerd Gigerenzer meint denn auch, dass wir gar nicht gut darin sind, das Risiko richtig einzuschätzen! So meidet z.B. kaum jemand den Gang ins Spital, obwohl zwischen 8’000 bis 16’000 Patienten jährlich in deutschen Kliniken sterben, weil sie falsche Medikamente bekommen. Wir debattieren hitzig über die vernachlässigbaren Risiken und reden kaum über die wirklich bedrohlichen. Wir fürchten BSE-verseuchtes Fleisch und gentechnisch verändertes Getreide, statt das zu meiden, was uns wirklich krankt macht: zu viel, zu fettes, zu süsses Essen.
Es geht mir nicht darum, die Gefahren auszublenden. Das Problem ist, dass wir uns zu sehr verunsichern lassen und uns zu wenig von der Angst distanzieren. Schon Epikur wusste, dass es oft nicht das Ding selber ist, das uns Angst macht, sondern das Bild dahinter.
Kommen wir von der Aussen- zur Innensicht: zur inneren Stimme – nennen wir sie den „Sicherheitstyp“. Kennen Sie das Gefühl, dass diese Stimme Sie daran hindern möchte, einen mutigen Schritt der Veränderung in die Wege zu leiten? Kreisen Ihre Gedanken beim Einschlafen im Angstkreis des Perfektionismus. Haben Sie Fragen gewälzt wie: „Hab ich im Gremium meine Meinung nachdrücklich vertreten? Wenn nicht, werden die Mittel für mein Projekt gekürzt, und wie stehe ich dann da?“ Dieser innere Monolog zeigt, wie die Ängste in unserer Gesellschaft beschaffen sind: Es geht um tatsächliche oder drohende Kränkungen und darum, wie wir darauf reagieren sollen. Natürlich haben die inneren Stimmen etwas mit meinem Charakter und meiner Persönlichkeit zu tun. Und die Stimmen sind gut; aber sie sind nicht immer hilfreich! Von welchem Leitsatz wird Ihr Sicherheitsbedürfnis bestimmt?
1. Ich muss das Richtige tun
2. Ich muss helfen
3. Ich muss erfolgreich sein
4. Ich muss ein Besonderer sein
5. Ich muss Abstand halten
6. Ich muss meine Pflicht tun
7. Ich muss Glücklich sein
8. Ich muss stark sein
9. Ich muss in Harmonie leben
In der Schweiz gibt es – wie kann es auch anders sein – ein Angst- und Sorgenbarometer. Als interdisziplinäres Team lancierten wir das Hoffnungsbaromenter. Über 6’000 Leute haben an der Umfrage teilge-nommen. Wir wollten u.a. wissen, auf was und wen die Schweizer Bevölkerung ihre Hoffnungen setzen. So viel sei verraten: die Verantwortlichen der Wirtschaft, Lehre und Politik sind keine Hoffnungsträger! Wie also können Führungspersönlichkeiten Hoffnung vermitteln, welche das Spannungsfeld zwischen dem verunsicherten „Ich“ und der Angstgeneration meistern? Welches Organ soll sie leiten und Sicherheit geben? Viktor E. Frank verweist auf das Sinn-Organ, das Gewissen. Wer Sicherheit in seinem Leben möchte, bedarf einer gesunden Ich-Stärke, begründete Hoffnung und sinnvolle Aufgaben sowie Werte, die ihn leiten. Genau diese Orientierung fehlt oft und verunsichert die Me-Generation und Multioptionsgesellschaft, welche sich schwer oder gar nicht entscheiden kann. Mensch sein, heisst aber entscheidend sein. Eine ernsthafte Krise geht fast immer mit Entscheidungsunsicherheiten, Entscheidungsschwächen, Entscheidungsblockaden und Lippenentscheidungen einher. Jede Entscheidung braucht ein DAFÜR ein Dagegen genügt nicht. Eine Entscheidung für etwas ist eine intentionale Entschei-dung und entspringt dem „Willen zum Sinn“.
Vaclav Havel meinte: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat – ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.“
Pircher-Friedrich zur Folge umfasst der Sinnbegriff Viktor Frankls die vier platonischen Kardinal-Tugenden: Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und das rechte Mass, welche als Vorzeichen für den Einsatz der sogenannten Sekundärtugenden (Werte) gelten soll. Auf diesem Gedankengut aufbauend, ist der Sinnkompass eine Grundlage für nachhaltiges wirtschaftliches Handeln und führt zur reifen Persönlichkeit. Wer tapfer ist, lässt sich nicht von der Angst bestimmen. Das Institut für Sinnzentrierte Führung – mit den verschieden Weiterbildungs- und Coachingangeboten – behält den Menschen und seine Persönlichkeitsentwicklung im Fokus. Reife Persönlichkeiten, die „bei sich selber ankommen“ um bei anderen Menschen anzukommen, lassen sich nicht durch übermässiges Sicherheitsdenken lähmen. Führung ist zunächst und vor allem Selbstführung. Nur wer die eigene Entwicklung aktiv in die Hand nimmt, ist auf Dauer motiviert und kreativ und kann Bestleistungen erbringen und die Mitarbeiter an seiner Seite erfolgreich machen.